«Tage im warmen Licht» von Kristina Pfister

Inhalt
Maria Zeltner ist 39 Jahre alt und lebt mit ihrer Tochter Linnea (13) in München. Vor knapp einem Jahr ist ihre Grossmutter Hannelore gestorben. Seither kümmert sich Maria um ihren zotteligen, alten Hund Bootsmann. Hannelore hat Maria ihr Haus vererbt. Da sie aktuell arbeitlos ist, Linnea in der Schule gemobbt wird und Bootsmann wahnsinniges Heimweh hat, beschliesst sie kurzerhand, vorübergehend wieder in das Haus in das verhasste Kaff zu ziehen, das sie damals nicht schnell genug verlassen konnte. Sie trifft auf altbekannte und neue Gesichter und Maria merkt bald, dass ihr ehemaliges Dorf gar nicht so übel ist. Es läuft alles ziemlich gut, aber ein bitterer Nachgeschmack schwingt immer mit, weil Maria eigentlich so schnell wie möglich wieder aus dem Ort verschwinden will, weil sie ein ein schmerzhaftes Ereignis aus ihrer Jugendzeit verfolgt.

Kritik
Die Geschichte wird chronologisch erzählt und wird ergänzt durch kurze Rückblenden aus der Vergangenheit und man erfährt erst am Schluss, was damals passiert ist, was die Spannungskurve toll aufrecht erhält. In der Geschichte kommen nebst Maria verschiedene Frauenfiguren vor, die allesamt sehr unterschiedlich sind, aber immer zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen, wenn es darauf ankommt. Was mir persönlich besonders gefallen hat, ist, dass das Thema Periodenschmerzen und die Krankheit Endometriose thematisiert werden und wie es die betroffene Person im Alltag einschränkt. Das habe ich bisher noch in keinem Buch gelesen.

Fazit
Ich fand das Buch absolut wundervoll und war traurig als ich es zu Ende gelesen hatte, weil mir die Charaktere so ans Herz gewachsen sind. Die Geschichte spielt im Herbst, meiner Lieblingsjahreszeit und Kristina Pfister lässt die herbstliche Stimmung sehr schön in den Roman einfliessen. Ein sehr schöner Roman über Frauen, die Altes loslassen müssen, bevor sie ein neues Leben beginnen können, die sich genauso wohlig warm in einem ausbreitet wie ein Heissgetränk an kalten Tagen.

Sternbewertung

Bewertung: 5 von 5.

«Der grosse Sommer» von Ewald Arenz

Inhalt
Kurz vor den Sommerferien erhält Friedrich Büchner (kurz Frieder), 16, die deprimierende Nachricht, dass er das neunte Schuljahr nicht bestanden hat. Er muss in Nachprüfungen schreiben und wird dafür die ganzen Sommerferien Mathe und Latein büffeln müssen. Das darf er nicht zu Hause tun, während seine Familie in den Sommerurlaub fährt, sondern muss in der Zeit zu seinen Grosseltern ziehen. Mit seiner Oma Nana versteht er sich gut, nur vor seinem strengen Grossvater hat er ziemliche Angst. Immerhin kann er zwischendurch Zeit mit seiner Schwester Alma, seinem besten Freund Johann verbringen. Und dann trifft er an einem verregneten Nachmittag im Schwimmbad auf Beate mit den hübschen grünen Augen.

Es war dieser eine Sommer, wie es ihn wahrscheinlich nur einmal im Leben gibt. Dieser eine Sommer, den hoffentlich jeder hatte; dieser eine Sommer, in dem sich alles ändert. Vielleicht ist es […] vor allem eine Sehnsucht nach diesem Sommer – nach diesem unwiederbringlichen, zitternd schönen Zauber der ersten Male.

Der Grosse Sommer, S. 11

Kritik
Das Buch ist aus der Sicht von Frieder geschrieben und spielt in einer deutschen Stadt in den 80er-Jahren. Die Geschichte schildert authentisch das gedankliche Innenleben eines heranwachsenden Teenagers, der in einem Sommer eine Achterbahn der Gefühle erlebt mit den Themen Liebe, Freundschaft, Tod, Angst, Respekt und Vertrauen.

Fazit
Es ist eine Geschichte über einen unvergesslichen Sommer, jugendlichen Leichtsinn, die erste grosse Liebe und das Erwachsenwerden. Ich hatte am Anfang ein wenig Mühe reinzukommen, habe das Buch aber gern gelesen und fand die Geschichte schön. Es hat aber keinen wirklich bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, weil die Spannung bzw. ein entscheidender Wendepunkt ein wenig fehlten. Die Geschichte plätschert einfach so dahin.

Sternbewertung

Bewertung: 3 von 5.

«Pick Me Girls» von Sophie Passmann

Inhalt
Sophie Passmann schildert in ihrem Buch das gesellschaftliche Phänomen der Pick Me Girls, also Frauen, die anders sind als andere Frauen. Da „normale“ Frauen oft zu oberflächlich, zu hysterisch, zu laut, zu kompliziert und einfach zu anstrengend sind, heben sich Pick Me Girls bewusst von diesen als typisch weiblich charakterisierten Verhaltensmerkmalen ab. Diese Frauen sind also bspw. eher mit Männern befreundet, interessieren sich mehr für Sport als für Make Up, trinken Bier und essen gern Fast Food. Sie verhalten sich im Grunde einfach mehr wie Männer, um schlussendlich beim männlichen Publikum besser anzukommen, indem sie Weiblichkeit grundsätzlich abwerten und sich davon distanzieren. Passmann erzählt von ihrer eigenen Jugend, ihrer Essstörung, wie ihr unsicheres Selbstbild durch die Gesellschaft geprägt wurde und wie sie selbst zum Pick Me Girl wurde.

Heute beklemmt mich das Konzept, dass es wirklich Männer gibt, die es schätzen, wenn Frauen unkompliziert sind. Es ist ein Wunsch, den ich noch nie aus dem Mund einer Frau über einen potenziellen männlichen Partner gehört habe. Es geht dabei um die Idee, dass der Mensch, mit dem man grosse Teile seines Lebens verbringen möchte, möglichst wenig Widerspruch geben soll, möglichst wenig Arbeit machen soll und alles in allem möglichst mühelos und ohne Abstriche in das eigene Leben integrierbar ist. Ich habe unendliche Male versucht, unkompliziert zu sein, und das Einzige, was das für mich am Ende bedeutet hat, war, meinen Bedürfnissen wenig Raum zu geben.

Pick Me Girls, S. 187

Kritik
„Ist man nicht selbst ein Pick Me Girl, wenn man andere Pick Me Girls nennt?“, fragte mich meine beste Freundin als sie das Buch auf meinem Couchtisch sah als sie zu Besuch war. „Doch und genau deshalb hat sie es ja geschrieben“, antwortete ich ihr. Passmann outet sich als Pick Me Girl, schreibt über ihren Körper, ihre Jugend, ihr Selbstbild auf eine sehr authentische und ehrliche Art und Weise. Das Buch thematisiert Feminismus und den männlichen Blick und das, was Frauen tun, um Männern zu gefallen. Das Buch gliedert sich in die Einleitung, die alternative Einleitung für Männer und anschliessend folgen die Kapitel, die nicht weiter benannt sind, was ich etwas schade finde, da man mit benannten Kapiteln eine schnellere Übersicht über das Buch gewinnen könnte.

Ich schreibe dieses Buch jetzt, weil ich glaube, dass ich jungen Frauen mit ein paar Dingen in diesem Buch das Leben leichter machen kann. Das hier ist kein Teenager-Selbsthilfebuch. Es ist auch kein feministisches Kampfwerk und erst recht, um Gottes willen, keine Autobiografie. Das ist das Buch, das ich mit 14 Jahren gebraucht hätte.

Pick Me Girls, S. 15

Fazit
Das Buch ist eigentlich nicht besonders dick und dennoch brauchte ich mehr Zeit, es zu lesen als für andere Bücher. Es wühlt auf, irritiert, regt zum Nachdenken an. Es hallt nach und macht wütend. Ich habe das Buch gleichzeitig gelesen und gehört, da es kostenlos verfügbar ist auf Spotify. Ich finde diese Art, ein Buch zu „konsumieren“ sehr angenehm, da man so noch tiefer eintauchen kann, wenn man es mit verschiedenen Sinnen liest. Sophie Passmann ist sehr wortgewandt und schildert ihre Beobachtungen mit einem unglaublichen Scharfsinn. Und sie beschreibt einmal mehr ein gesellschaftliches Phänomen, dass Frauen dafür verurteilt werden, Frauen zu sein mit all ihren Vorlieben und Eigenheiten und sich deswegen Mittel und Wege suchen, um sich besser einzufügen, indem sie bspw. zu Pick Me Girls werden. Dabei ist absolut nichts falsch zu sein, genauso zu sein wie alle anderen Frauen.

Sternbewertung

Bewertung: 4 von 5.