«Grossmütter» von Melara Mvogdobo

Inhalt
«Grossmütter» handelt von zwei Frauen und ihren Lebensgeschichten. Eine stammt aus einer armen Bauernfamilie in der Schweiz, die andere aus einer wohlhabenden Familie in Kamerun. Auch wenn sie ganz unterschiedliche Leben führen, habe ihre Lebenserfahrungen doch viele Parallelen. Sie haben als Kinder Träume und Wünsche, wachsen zu jungen Frauen heran, heiraten, bekommen Kinder und werden in ihren Ehen gedemütigt und erniedrigt. Beide erfahren eine unglaubliche Ungerechtigkeit, die in ihnen eine Wut heranwachsen lässt, die ihnen die Kraft gibt, sich irgendwann zu befreien.

Kritik
Die Kapitel sind kurzweilig und prägnant und durch die unterschiedliche Schriftfarbe weiss man immer, um welche der beiden Frauen es sich gerade handelt. Die unterschiedliche Sprachverwendung der beiden Frauen macht die Geschichten sehr greifbar. Melara Mvogdobo benötigt keinen 500-seitigen Roman, um eine Geschichte zu erzählen. Sie erzählt in kurzen Episoden die tragischen Schicksale zweier Frauen aus unterschiedlicher Herkunft und Kulturkreisen, die aber doch so viele Parallelen haben, nämlich ihr Leben als stumme Dienerinnen ihrer Männer und Gebärmaschinen zu verbringen ohne eigene Wünsche und Bedürfnisse.

Fazit
Der Roman hat mich sehr berührt und wahnsinnig wütend gemacht, weil Frauen so viel strukturelle Ungerechtigkeit erfahren müssen und die Geschichten so realitätsnah sind und genau so auf der Welt passieren in diesem Moment. Er hat mir gezeigt, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass ich heute meinen Lebensunterhalt selbst verdiene und frei über mein Leben bestimmen kann.

Sternbewertung

Bewertung: 5 von 5.

«22 Bahnen» von Caroline Wahl

Inhalt
Tildas Tage sind strikt durchgeplant: Sie studiert Mathematik, arbeitet an der Supermarktkasse und kümmert sich um ihre kleine Schwester Ida, weil die Mutter alkoholkrank ist. Ihre abendlichen Besuche im Schwimmbad sind ihr Lichtblick, weil sie während ihren 22 Bahnen etwas abschalten kann. Als Tilda ein Angebot für eine Promotionsstelle in Berlin bekommt, gerät ihr geordneter Alltag plötzlich aus dem Ruder. Und dann taucht auch noch Viktor mit den eisblauen Augen auf, der grosse Bruder von Ivan, mit dem Tilda früher befreundet war.

Kritik
Caroline Wahl schafft es, das schwere Thema Alkoholismus und wie sich dieser für Angehörige anfühlt, sehr nachvollziehbar darzustellen, sodass man sich super in Tildas Lage versetzen kann. Trotz Tildas und Idas schwieriger Situation wächst das Band zwischen den Schwestern jedes Mal, wenn ihre Mutter nicht für sie da sein kann, weil sie füreinander da sind. Die Liebesgeschichte mit Viktor verleiht dem Ganzen zusätzlich ein wenig Leichtigkeit.

Fazit
Ich mag Caroline Wahls Schreibstil sehr, aber auch dieser Roman war mir thematisch einfach zu schwer, weil sich die zwei Themen Alkoholismus und Trauer vereinigen, wie auch bei Windstärke 17, das von Tildas Schwester Ida handelt. Ich fand die Liebesgeschichte zwischen Tilda und Viktor wirklich schön, war vom Ende des Buches aber etwas enttäuscht, weil ich es mir ein wenig spektakulärer gewünscht hätte.

Sternbewertung

Bewertung: 3 von 5.

«Mama, bitte lern Deutsch» von Tahsim Durgun

Inhalt
Tahsim Durgun wächst in Oldenburg in einer kurdisch-jesidischen Familie auf. Seine Mutter lebt seit Jahrzehnten in Deutschland, spricht aber kaum Deutsch. Da Tahsims Deutschkenntnisse schnell besser sind als die seiner Familienmitglieder, muss er schon früh Verantwortung übernehmen und übersetzt bereits als Kind Kündigungen, Arztbriefe und Behördenformulare für seine Eltern und begleitet seine Mutter zu Arztbesuchen. Neben den alltäglichen Herausforderungen einer Migrantenfamilie, begleitet sie auch die ständige Angst, wieder abgeschoben zu werden.

Meine Mutter, die Poetin der Gerüstlandschaft, die mir die Welt mit Metaphern, Vergleichen und Symbolen erklärte, hatte sich im Supermarkt nicht wehren können. Und obwohl sie die Worte nicht verstanden hatte, war die Botschaft, war der Schmerz bei ihr angekommen. Manchmal, so denke ich heute, ist es egal, welche Sprache der Empfänger spricht, denn Schmerz folgt keiner Grammatik, Schmerz sprechen wir alle.
S. 64

Kritik
Durgun berichtet über Rassismus im Alltag, Klassifizierung und Integration anhand zahlreicher alltäglicher Beispiele. Er erzählt mit einer entwaffnenden Ehrlichkeit, die durch viel Humor und Sarkasmus ergänzt wird.

An guten Tagen verwenden meine Eltern Kosenamen, so etwas wie „Dilemin“ („mein Herz“), „Kezebamin“ („meine Leber“) oder „Cavemin“ („mein Auge“). Kurden drücken ihre Liebe gerne aus, indem sie die adressierte Person mit lebenswichtigen Organen gleichsetzen. Schön, aber auch ein bisschen makaber.
S. 90

Fazit
„Mama, bitte lern Deutsch“ bietet einen authentischen Perspektivenwechsel und zeigt alltägliche Hürden mit denen nicht deutsche Familien in Deutschland konfrontiert werden. Es lädt zu mehr Empathie und Verständnis in einer vielfältigen Gesellschaft ein. Mich hat Tahsims einzigartiger Schreibstil mit Humor, Sarkasmus und unverblümter Ehrlichkeit sehr angesprochen.

„Gülistan ist die Älteste. […] Sie war auch die Älteste von uns allen, die eine eigene Familie gegründet hat. Sie hat geheiratet – freiwillig. Und ob man es glaubt oder nicht, das Zeitalter der arrangierten Ehen neigt sich dem Ende zu. Ausserdem hat sie zwei wunderbare Kinder. Ich habe mich ehrlich gefreut, als meine Schwester ihre „bessere Hälfte“ gefunden und geheiratet hat. Denn endlich wurde ihr altes Zimmer frei, und ich musste meins nicht mehr mit meinem elenden Bruder teilen.
S. 19-20

Sternbewertung

Bewertung: 4 von 5.

«Nach dem Sommerregen» von Kristina Pfister

Inhalt
„Nach dem Sommerregen“ erzählt die Geschichte von Familie Ritter, bestehend aus den Eltern Walter und Marianne und den drei erwachsenen Kindern Cecilia, Jonas und Marika und deren jeweiligen Partner/innen und Kindern. Die Familie trifft sich jeweils an Geburts- und Feiertagen in ihrem Ferienhaus, liebevoll „Ritterburg“ genannt bis Marianne sich eines Tages entschliesst, dass sie ihr restliches Leben nicht nur immer für ihren Mann und die Kinder da sein will, sondern auch endlich mal für sich selbst. Als sie kurzerhand beschliessen, das Ferienhaus zu verkaufen, gerät die Welt der Ritters gehörig aus den Fugen. Zwischen Loslassen und Festhalten und im Versuch, sich als Familie wieder neu zu finden, stellen sich Cecilia, Jonas und Marika der Frage, wer sie eigentlich ohne ihr geliebtes Ferienhaus sind.

Kritik
Kristina Pfister deckt viele Themen ab, die den gesellschaflichen Puls der Zeit treffen wie Selbstfindung, Familiendynamiken und -konflikte, unerfüllte und zurückbehaltene Bedürfnisse und Gefühle, Veränderungen, Beziehungen und Ungleichgewicht in der Care-Arbeit. Jedes einzelne Familienmitglied ist sehr gut geformt und macht im Laufe der Geschichte eine beeindruckende Wandlung durch, die man als Leserin mitverfolgen kann. Die vielen Dialog-Einblendungen zu Beginn der Kapitel lassen einen jeweils etwas ratlos zurück, weil nicht klar ist, ob es Anrufbeantworter-, Chatnachrichten oder Echtzeitdialoge sind und wirken für die Geschichte jeweils ein wenig verwirrend, weil sie den Lesefluss unterbrechen.

Fazit
Ein liebevoll erzählter, tiefgründiger und realitätsnaher Familienroman, der zum Nachdenken anregt. Von der Handlung her war er aber eher unspektakulär und mir hat die Spannung in der Geschichte gefehlt.

Sternbewertung

Bewertung: 2.5 von 5.

«Der betrunkene Berg» von Heinrich Steinfest

Inhalt
Katharina Kirchner ist die Besitzerin der Buchhandlung «Bücherberg» auf 1.756 Metern Höhe, die ausschliesslich Bücher zu Bergen und Bergwelten führt. Im Winter ist die Buchhandlung geschlossen, aber Katharina lebt im Gegensatz zu sämtlichen anderen Bergbesuchern ganzjährig dort. Eines Tages stösst sie bei ihrer täglichen Schneewanderung auf einen Erfrierenden, der sich das Leben nehmen will. Sie hindert ihn an seinem Plan und nimmt ihn vorübergehend in ihrer Buchhandlung auf. Sie versucht herauszufinden, wer er ist und woher er kommt, doch er kann sich nicht erinnern. Nicht mal seinen eigenen Namen weiss er. Sie nennt ihn fortan „Robert“, weil er so etwas „Roberthaftes“ an sich hat. Es stellt sich schnell heraus, dass Robert ein guter Koch und Vorleser ist und tolle Skulpturen aus jeglichen Materialien anfertigen kann. Tief im Schnee und mit der Hilfe von Katharina, einer verletzten Alpendohle und einer Lawinenforscherin kehrt Roberts Erinnerung langsam wieder zurück.

Er mochte um die einsneunzig gross sein. Bullig, massiv, wie man so sagt: Ein Bär von einem Mann. Aber ein sichtlich verzweifelter und stark geschwächter Bär. In einem Kinderstück hätte man dazu gesagt: ein vom Unglück verzauberter Bär.

Er stand nur kurz, dann fiel er wieder auf sein Hinterteil.

«Jetzt hören Sie auf, sich leidzutun, und strengen sich an», sagte Katharina.

«Ich will sterben», erklärte der Mann in der Tat recht wehleidig.

«Hier oben stirbt keiner», erwiderte Katharina, so, wie sie es schon einmal gesagt hatte.

Der betrunkene Berg, S. 13

Kritik
Heinrich Steinfest hat einen unglaublich wortgewandten, detailgetreuen Schreibstil. Sein Schreibstil hat allerdings auch dazu geführt, dass ich wohl noch nie so lange an einem Buch mit 220 Seiten hatte. Die Geschichte steigt mit einer hohen Spannungskurve ein, plätschert dann ziemlich lange vor sich hin und kommt am Schluss nochmal zu einem spannenden Höhepunkt.

Fazit
Ich habe das Buch empfohlen bekommen und hatte recht hohe Erwartungen, weil die Handlung sehr spannend klang. Diese wurden nicht enttäuscht, aber auch nicht wirklich erfüllt. Ich musste teilweise kämpfen, dranzubleiben und das Buch nicht irgendwann wegzulegen. Es ist eine schöne, lebensnahe Geschichte, die die Themen Vergangenheitsbewältigung, Lebenssinn, Tod, Kidnapping, Krisensituationen, aber auch den Zusammenhalt untereinander thematisiert, die mich trotz des tollen Schreibstils aber nicht wirklich inhaltlich gepackt hat, was ich schade fand.

Sternbewertung

Bewertung: 3 von 5.

«Ich weiss es doch auch nicht» von Mareice Kaiser

Inhalt
In «Ich weiss es doch auch nicht – 101 entlastende Antworten auf existenzielle Fragen» versucht Mareice Kaiser zu ganz verschiedenen Fragen aus dem Leben Antworten zu finden. Sie widmet sich den kleinen und grossen Fragen des Lebens wie bspw. „Hose oder Kleid?“, „Soll ich mir einen Pony schneiden?“, „Was macht man mit dem inneren Schweinehund?“, „Wie spricht man jemanden an, der einem gefällt?“, „Wann ist man zu alt?“, „Wann ist der richtige Zeitpunkt für Kinder?“,“Was tun gegen eine Winterdepression?“, „Wie schafft man es, sich nicht zu vergleichen?“, „Warum ist faul sein so schwer?“, „Wie macht man weiter, wenn die tollste Person einfach stirbt?“, „Wie geht ein gutes Leben?“.

Fast alle Erwachsenen, die ich so kenne, wirken, als hätten sie ihr Leben im Griff. Ich habe nichts im Griff. Wenn hier wer wen im Griff hat, dann das Leben mich. Manchmal wie eine Umarmung, aber manchmal auch so am Hals, dass ich keine Luft mehr bekomme. Meistens bin ich zu spät, oft mache ich Fehler, und noch öfter denke ich: Warum habe ich das denn jetzt so gemacht!? Ich bin so ein Dullie! Manchmal mache ich es dann beim nächsten Mal besser, aber oft auch nicht.
Ich weiss es doch auch nicht, S. 11 – 12

Kritik
Das Buch ist in verschiedene Fragekategorien aus Alltag, Arbeit, Beziehungen, Fragen zu sich selbst und Fragen zum Anfang und Ende gegliedert. Mareice Kaiser findet sehr menschliche, nahbare, unterhaltsame, feministische und politische Antworten mit viel Humor auf die verschiedenen Fragen, die auf viel Lebenserfahrung schliessen lassen. Abgerundet und ergänzt werden sie durch die witzigen Illustrationen von Slinga.

Fazit
Das Buch liest sich durch den Fragen & Antworten-Stil sehr flüssig. Die Illustrationen sind immer passend zur Frage gezeichnet, wenn auch manchmal erst auf den zweiten Blick erkennbar. Kaiser schafft es, die kniffligen Fragen des Lebens mit viel Aussagekraft und Leichtigkeit zu beantworten und Slinga ergänzt diese durch lustige und abwechlungsreiche Illustrationen. Die Texte und Bilder haben mich oft zum Lachen gebracht und mir hier und da auch ein paar Tränen der Rührung entlockt. Ein Buch für alle, die mit den schweren Fragen des Lebens manchmal auch hadern und sich ein paar authentische, lebensnahe Antworten wünschen.

Sternbewertung

Bewertung: 5 von 5.

«Ein unendlich kurzer Sommer» von Kristina Pfister

Inhalt
Christophe lebt auf La Réunion und hat vor Kurzem seine Mutter Paulette an Alzheimer verloren. Als er das Haus ausräumt, findet er einen Brief in einem ihrer Bücher, der ihn nach Deutschland zu einem Campingplatz am See führt.
Lale hält es nicht mehr aus zu Hause. Sie muss mal raus, braucht Abstand. Also tut sie etwas, was sie sonst nie tut: Sie steigt kurzerhand in einen Zug und steigt irgendwo im Nirgendwo wieder aus und trifft auf Gustav, den alten, grantigen Besitzer eines Campingplatzes, der ihr einen alten Wohnwagen überlässt. Daraus wird ein heisser, flirrender Sommer, ein altes Haus, eine antike Grabstätte und Menschen mit verschiedenen Geschichten, die aufeinandertreffen.

Kritik
Der Roman wird jeweils abwechselnd aus der Sicht von Christophe oder Lale erzählt und enthält diverse Rückblenden, die einen Schritt für Schritt näher an die beiden Charaktere heranbringen und die Spannungskurve bis zum Schluss aufrecht erhalten. Kristina Pfister beschreibt die Gefühlswelt der Charaktere einfühlsam und man kann sich toll in sie hineinversetzen.

Fazit
Kristina Pfister hat mit diesem Roman eine wunderschöne Geschichte erschaffen, die die Themen Tod, Trauer, Liebe, Beziehung, Spannung, Familie & Freundschaften einschliesst, der von einem unvergesslichen Sommer umrahmt wird. Ich war traurig als ich ihn zu Ende gelesen habe und würde mir jetzt eine Fortsetzung davon wünschen. Ein richtig tolles Sommerbuch, das einem auch im Winter das Herz wärmt.

Sternbewertung

Bewertung: 5 von 5.

«Wenn ich nicht Urlaub mache, macht es jemand Anderes» von Giulia Becker

Inhalt
Giulia Becker erzählt in ihrem Buch verschiedene Geschichten aus ihrem Leben. Sie berichtet bspw. von ihrem Konsumproblem, einer unfreiwilligen Nacht in einer Mediamarktfiliale, der Therapieplatzsuche in Deutschland, ihrem Verhältnis zu Sport, Gitarren und Katzen und ihrem Kurzpraktikum als Privatdetektivin. Zwischen den einzelnen Kapitel sind nicht ganz ernst gemeinte Psycho-Selbsttests mit denen man herausfinden kann, ob man ein:e potenzielle:r Serienmörder:in, ein Vampir oder ein:e Verschwörungstheoretiker:in ist. Als sich Giulia irgendwann ausgebrannt fühlt, beschliesst sie ein paar Tage in einem Thermenhotel zu verbringen, weil „wenn sie keinen Urlaub macht, macht es jemand Anderes“.

Lange Zeit wurden Gitarrensaiten aus dem Naturdarm von Huftieren hergestellt. Richtig gehört, anmutige Rothirsche mussten sterben, damit Cordhosen-Stefan am Lagerfeuer drei schiefe Akkorde von „Kumbaya my Lord“ auf ihrem Dickdarm zubbeln kann. Doch das Spielen der Gitarre bringt durchaus Vorteile: Anders als beim Klavier kann man sich beim Gitarrespielen mit den Beinen frei bewegen, zum Beispiel tanzen oder zum Musikgeschäft laufen, um sich ein cooleres Instrument zu kaufen.
Wenn ich nicht Urlaub mache, macht es jemand Anderes, S. 126

Kritik
Das Buch ist in einzelne, nicht zusammenhängende Kapitel aufgeteilt in den Giulia sehr eigen und humorvoll über Erlebnisse, Ansichten und Alltagsbeobachtungen schreibt. Sie schildert mit einer aussergewöhnlichen Beobachtungsgabe und Detailtreue. Ihr Schreibstill ist flüssig, kurzweilig und witzig und ist immer wieder mit schwarzem Humor gespickt. Ich fand die Kapitel alle unterhaltsam bis auf das mit dem perfekten Dinner. Das war mir irgendwann zu albern, sodass ich es übersprungen habe.

Fazit
Giulia Beckers Kurzgeschichten Buch ist eine kurzweilige und leichte Lektüre, die mich oft zum Lachen gebracht hat. Die jeweilige Situationskomik ist unterhaltsam, aber für meinen Geschmack auch manchmal etwas zu albern und zu weird. Die einzelnen Geschichten wirken oft, wie mal eben heruntergeschrieben ohne viel nachträgliche Bearbeitung. Das Buch hat Spass gemacht, aber ich würde es nicht nochmal lesen.

Sternbewertung

Bewertung: 2 von 5.

«Windstärke 17» von Caroline Wahl

Inhalt
Ida Schmitt verlässt die Wohnung ihrer Kindheit an der Fröhlichstrasse 37. Ihre Mutter war Alkoholikerin und hat sich mit einer Tablettenüberdosis das Leben genommen. Ida fühlt sich schuldig, weil sie zum besagten Zeitpunkt nicht da war, sondern auf einem Wochenendtrip mit ihrer besten Freundin und ihre Mutter in der Wohnung fand, als diese bereits tot war. Nun hat sie die Wohnung gekündigt und will erst mal weg. Ihre Schwester Tilda hat ihr ein Zugticket zu sich nach Hamburg geschickt, aber da will Ida gar nicht hin. Sie entscheidet sich kurzerhand für die Richtung Stralsund und landet schliesslich auf der Insel Rügen an der Ostsee. Dort trifft sie auf Knut, den Besitzer der Bar „Robbe“ und er stellt sie kurzerhand bei sich an. Kurz darauf lernt sie auch seine Frau Marianne kennen und die beiden nehmen Ida bei sich zu Hause auf. In der Robbe trifft Ida zum ersten Mal auf Leif mit dem traurigen Blick und hübschen grünen Augen. Ida findet auf der Insel zwar etwas Ruhe, aber in ihrem Innern tobt ein Sturm aus Trauer, Schuld, Wut und vielen aufwühlenden Erinnerungen, dem sie jeweils körperlicher Verausgabung durch Schwimmen und Laufen zu entkommen versucht. Interessanterweise trifft sie bei ihren Ausflügen immer wieder auf Leif und irgendwie fühlt sich in seiner Gegenwart alles ein bisschen leichter an.

Die Vorstellung, wie sie sich da allein in in der Wohnung zu Tode soff und niemand nach ihr schaute, killte mich. Aber als ich dann dageblieben bin, habe ich immer weniger nach ihr geschaut und ihr zunehmend nur zugeschaut bei ihrem Abgang, anstatt was dagegen zu tun. Ich bin eine schlechte und schwache Scheisstochter. Ich war eine schlechte und schwache Scheisstochter, und jetzt bin ich einfach nur noch allein. Windstärke 17, S. 41/42

Kritik
Der Roman wird aus Idas Sicht erzählt und gliedert sich in vier Teile. Es gibt viele Dialoge und Rückblenden. Caroline Wahl beschreibt die Gefühlswelt von Ida sehr gut und nachvollziehbar. Es werden viele schwere Themen wie Tod, Trauer, Krankheiten und schwierige Familienverhältnisse behandelt und das war mir alles ein wenig zu viel.

Fazit
Caroline Wahl schafft es, unbequeme und schwere Themen wahnsinnig authentisch abzubilden, aber dennoch überwiegt die Schwere im Roman aus meiner Sicht. Der Roman ist schön geschrieben, aber sehr bedrückend und traurig und ich musste mich teilweise überwinden, das Buch weiterzulesen. Ich habe vor Kurzem selbst ein Familienmitglied verloren und es war vermutlich nicht der geeignetste Zeitpunkt für mich, um das Buch zu lesen. „Windstärke 17“ ist übrigens das zweite Buch von Caroline Wahl. Das erste „22 Bahnen“ erzählt die Geschichte von Idas Schwester Tilda. Das habe ich aber erst geschnallt als ich das hier bereits angefangen hatte.

Sternbewertung

Bewertung: 3 von 5.


«Tage im warmen Licht» von Kristina Pfister

Inhalt
Maria Zeltner ist 39 Jahre alt und lebt mit ihrer Tochter Linnea (13) in München. Vor knapp einem Jahr ist ihre Grossmutter Hannelore gestorben. Seither kümmert sich Maria um ihren zotteligen, alten Hund Bootsmann. Hannelore hat Maria ihr Haus vererbt. Da sie aktuell arbeitlos ist, Linnea in der Schule gemobbt wird und Bootsmann wahnsinniges Heimweh hat, beschliesst sie kurzerhand, vorübergehend wieder in das Haus in das verhasste Kaff zu ziehen, das sie damals nicht schnell genug verlassen konnte. Sie trifft auf altbekannte und neue Gesichter und Maria merkt bald, dass ihr ehemaliges Dorf gar nicht so übel ist. Es läuft alles ziemlich gut, aber ein bitterer Nachgeschmack schwingt immer mit, weil Maria eigentlich so schnell wie möglich wieder aus dem Ort verschwinden will, weil sie ein ein schmerzhaftes Ereignis aus ihrer Jugendzeit verfolgt.

Kritik
Die Geschichte wird chronologisch erzählt und wird ergänzt durch kurze Rückblenden aus der Vergangenheit und man erfährt erst am Schluss, was damals passiert ist, was die Spannungskurve toll aufrecht erhält. In der Geschichte kommen nebst Maria verschiedene Frauenfiguren vor, die allesamt sehr unterschiedlich sind, aber immer zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen, wenn es darauf ankommt. Was mir persönlich besonders gefallen hat, ist, dass das Thema Periodenschmerzen und die Krankheit Endometriose thematisiert werden und wie es die betroffene Person im Alltag einschränkt. Das habe ich bisher noch in keinem Buch gelesen.

Fazit
Ich fand das Buch absolut wundervoll und war traurig als ich es zu Ende gelesen hatte, weil mir die Charaktere so ans Herz gewachsen sind. Die Geschichte spielt im Herbst, meiner Lieblingsjahreszeit und Kristina Pfister lässt die herbstliche Stimmung sehr schön in den Roman einfliessen. Ein sehr schöner Roman über Frauen, die Altes loslassen müssen, bevor sie ein neues Leben beginnen können, die sich genauso wohlig warm in einem ausbreitet wie ein Heissgetränk an kalten Tagen.

Sternbewertung

Bewertung: 5 von 5.