«Überwintern» von Katherine May

Klappentext
Es gibt Zeiten, da liegt unser Leben „auf Eis“ und wir fühlen uns wie aus der Welt gefallen. Durch eine Krankheit oder den Verlust eines geliebten Menschen, durch Arbeitslosigkeit. Auch ein freudiges Ereignis wie die Geburt eines Kindes kann uns aus dem Gleichgewicht bringen. Katherine May nennt diese Zeiten des Rückzugs, die ihr selbst nur allzu vertraut sind, »Winter«. Und wie auch in der winterlichen Kälte alles ruht, um Kraft für den Frühling zu sammeln, so gibt May sich dem „Überwintern“ hin. Sie reist nach Tromsø zu den Polarlichtern, schwimmt im eisigen Meer, schwitzt in der Sauna und feiert das Winterfest Santa Lucia. Sie besinnt sich auf das Wesentliche und gibt sich der Ruhe und inneren Einkehr hin – bis sie sich wieder bereit fühlt, mit neuer Energie weiterzumachen.

Inhalt
„Überwintern“ gliedert sich in die Kapitel „September“ bis „März“ und umfasst die Wintermonate. Katherine May schildert, wie sie und ihr nahestehende Menschen durch kleinere und grössere Krisen gehen, die sich in Form von Krankheiten, Sinnkrisen, Job- und Schulwechsel zeigen. Sie steht kurz vor einem Burnout, muss ihren Job gesundheitsbedingt auf Eis legen und hat erstmals seit Jahren wieder Zeit. Für sich, für die Familie und um über das Leben nachzudenken. In dieser Zeit setzt sie sich intensiv mit sich selbst und dem Winter auseinander und stellt fest, dass der Winter nicht nur eine Jahreszeit voller Schnee, Dunkelheit, Kälte und Stille ist, sondern auch eine Lebensphase, die man als solche bezeichnen kann. Sie liest sich in unterschiedliche Wintergeschichten ein, schaut sich Winterbräuche verschiedener Kulturen an, führt Interviews mit Menschen zum Winter und dessen Eigenheiten und merkt bald, dass es leichter ist, den Winter mit offenen Armen zu empfangen und sich auf ihn einzulassen anstatt ihn abzuwehren, sich zu verkriechen und sich woanders hinzuwünschen. Denn ein Winter ist trotz all seiner grauen, öden, stürmischen und verschneiten Tage auch immer eine Ruhephase, in der man Kraft tanken kann für den Frühling, wenn alles wieder zum Leben erwacht.

Jeder durchlebt irgendwann mal einen Winter. Und bei manchen kehrt er immer wieder. Winter ist nicht einfach nur eine kalte Jahreszeit. Auch im Leben kann es Phasen geben, die sich wie Winter anfühlen. Karge Phasen, in den man sich ausgesondert, ausgeschlossen und ausgebremst fühlt, in eine Aussenseiterrolle gedrängt.

Überwintern, S. 20

„Halte durch!“, heisst es da einfach so. „Du bist stärker als du glaubst.“ […] So weit ist es schon gekommen, dass wir uns ohne Ende anfeuern, positiv zu bleiben, und dabei die unschönen Seiten des Lebens ausblenden. Ich finde diese Nachrichten fast schon brutal, denn sie geben einem so gut wie gar nichts. An manchen Tagen bin ich mir ziemlich sicher, dass ich nicht stark genug bin, das alles zu schaffen. Und was, wenn ich nicht durchhalte? Was dann? […] Der Subtext dieser Sprüche ist klar: Down sein kommt nicht in Frage. Wir müssen weitermachen und ein fröhliches Gesicht aufsetzen – für die anderen.

Überwintern, S. 255

Was ich aus dem Buch mitnehme
Ich habe dieses Buch genau zur richtigen Zeit gelesen, nämlich im Winter. Aus meiner Sicht können Januar und Februar eigentlich weg. Da passiert nichts Tolles oder Schönes (mal abgesehen von schönen Tagen in den Bergen). Da ist das Leben oft einfach nur dunkel, schwer und mühsam und kalt. Ich hatte jetzt eine längere Phase, in der ich wirklich wenig Energie hatte und das hat mich anfangs sehr belastet, weil ich einfach keine Kraft hatte für Dinge, die ich normalerweise gern mache, bspw. Sport. Dieses Buch hat mich gelehrt, dass ich solche Situationen einfach mal annehmen und mir etwas Gutes tun darf, ohne mich immer diesem Druck auszusetzen, etwas tun zu müssen. It’s okay not to be okay. Ich habe in der Zeit einfach viel gechillt, gebadet, gegessen und dieses Buch gelesen. Denn eigentlich macht es gar keinen Sinn, im Winter so viel schaffen zu wollen. Die Natur ruht und das Tierreich hält Winterschlaf. Alle um uns herum sind auf Standby. Nur wir Menschen rennen durch die Gegend und versuchen möglichst viel zu leisten und gehen jeden Tag zur Arbeit, auch wenn uns die Natur mitteilt, dass wir es jetzt gerade etwas ruhiger angehen lassen dürfen. Ein tolles Buch, das einen dazu einlädt, zur Ruhe zu kommen.

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